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Antissa. Lesbos

Gisela Kraft

 

orpheus
kopf­los, ein geist
sieht am fuß des felsens
sein haupt anschwemmen
bekränzt, die haare
mit kräu­tern und lor­beer verfilzt
an einer gelö­sten saite
die leier im schlepp
was euch blieb: mein gefege
durch den schlund zweier meerengen
gewrun­ge­ner rest
greif zu, terpander
arion, den knäuel herausgefischt
und hin­ter dir hergeschleift
alkaios, beachte das feine
wetz­ge­räusch in der sprache
müßig die liebe, sappho
gleich­gül­tig unser geschlecht
ver­lu­der­ter gott, der mich scheuchte
tot, ohne hände
aus einer drachenschläfe
deine wiege zu höhlen
schrei nur, drau­ßen hören sie musik
am ende spring, gegen abend
der sonne auf
du fin­dest mich dort


Lesung am 28. Januar 2004 im Musik­gym­na­sium Schloß Bel­ve­dere in Weimar.
Text aus: Matrix. Gedichte mit Ori­gi­nal-Off­set­li­tho­gra­phien von Wal­ter Sachs, Ere­mi­ten-Presse, Düs­sel­dorf 2003.
Mit freund­li­cher Geneh­mi­gung von Almut und Rein­hild Cleff.

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