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besuch

Wolfgang Haak

 

als wir den hof betra­ten, kam uns der onkel mit einer karre mist ent­ge­gen. im haus schloß uns die tante die gute stube auf. der regu­la­tor stand wie immer still. gebirgs­blick über dem sofa. vor dem fen­ster gackernde hüh­ner. der sanfte schim­mer auf den sam­mel­tas­sen. preß­kopf, sülze, blut- und Leber­wurst auf einem tel­ler ange­rich­tet. dazu fri­sches Brot. schließ­lich der onkel hemds­ärm­lig, in den hän­den die schnaps­fla­sche und die glä­ser. auf einem bein kann man nicht ste­hen. prost. plötz­lich sprach er von russ­land. seine schön­ste zeit. damals, als der iwan wie ein hase davon­lief. wett­s­au­fen, das war ein spaß. jedem kriegs­ge­fan­ge­nen eine fla­sche in die hand. eins zwei drei und hopp. wer zuerst umfiel, die wette galt. zur beloh­nung noch ein fläsch­chen für den schwe­ren schä­del. schließ­lich war man kein unmensch sei­ner­zeit. sau­fen kön­nen die rus­sen, meine fresse. wenn der win­ter nicht gekom­men wäre, tja, jungs, kein ein­zi­ger schuß bis dahin. ehren­wort, und danach die vie­len toten kame­ra­den. noch eine runde und prost, rief der onkel gerührt. schmun­zelnd ser­vierte die tante den duf­ten­den kaf­fee. als wir gin­gen, krähte der hahn. der onkel wollte noch rüben köpfen.


aus: lebens­um­wege. pro­sa­stücke in kurz­fas­sung, Edi­tion Muschel­kalk, hg. Wulf Kir­sten, Wei­mar 2001, Wart­burg Verlag.
Abdruck mit freund­li­cher Geneh­mi­gung des Autors. Alle Rechte beim Autor.

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