Wulf Kirsten
novembernacht stiller als still
auf graswuchs gebettet, teppich
polster im regengeglinster, als wär
ein scherbenhaufen drüber geschüttet,
rekristallin, nachtversunken
der weinfelder geometrische akkuratesse,
monokulturell aufgerebt, gradlinige
finsternis gegen Sankt Martin
und alle ferneren orte, die lichtsignale
senden in einer schamlosen verschwendung,
jetzt, les ich grad, sollte man draußen
wald- & wildstimmen lauschen, angst
einflößenden geräuschemachern, selbst
spinnengekrakel & netzgehakel
sei deutlich zu vernehmen, falls nicht
lärmertaubt schon das ohr,
kröte schleicht ins winterquartier,
feuersalamander zieht eine schlurf- &
schleifspur hinter sich her,
die nachtstille zischelt und raschelt
sich eins, lauthals herbstlaubgestöber,
das die nachtströmung zu blattrudeln
treibt irgendwohin, umsichtiges umschichten
gestorbner natur als auftrumpfende
stimme waldein-waldaus, die alles wispern
und knistern übertönt, ich seh
in des novemberdunkels atemberaubende
stille, zu der ich geräusche erdacht,
kein sterbenswort wahr, wie angespannt
auch ganz ohr in dieser nacht,
völlig vergeblich, nur nachtstilles dunkel.
Edenkoben, 25./26. November 2007
Lesung zu den Thüringer Literatur- und Autorentagen 2010 auf Burg Ranis
Mit freundlicher Genehmigung des Autors. Alle Rechte beim Autor.