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Fenster

Robert Sorg

 

Zum Bei­spiel: am Ende einer Nacht auf­wa­chen. Fen­ster­blick: eine Win­ter­land­schaft. Über die Schnee­decke zieht sich das Lini­en­ge­äst nack­ter Bäume. Dazwi­schen Pas­san­ten, in Män­tel gehüllt, mit eilen­dem Schritt, zufäl­lige Pfade ins Weiß tre­tend. Innen der Wunsch India­ner zu wer­den. Die Prä­rie sehen, oder vor­erst: Krokusblüten.

Sie liegt im Bett. Wie war das alles noch­mal? Gedan­ken­no­tiz: Eis­blu­men als Orna­ment am Fen­ster­kreuz. Ich folge ihren Ursprün­gen. Der Blick glei­tet kur­so­risch über den Kör­per. Atem zeich­net sich ab. Der Bauch­na­bel hebt und senkt sich, wölbt sich, reißt auf. Pfau­en­au­gen, Admi­rale, Bläu­linge – Lepi­d­op­tera; ihre Flü­gel ent­fal­ten sich zwi­schen dem Blut, ret­ten sich an das kalte Fen­ster­glas, ver­ei­sen, ver­haf­ten. State­ments: Das Herz: ein ein­sa­mer Jäger, ein geräu­mi­ger Fried­hof, am Ende des Her­zens rudert die Bombe. Die Flü­gel der Fal­ter schla­gen ans Fen­ster. Mein Blick streift das Geäst der Bäume, sucht nach Kon­tu­ren im Schnee. Im Mund der Geschmack ihrer Lip­pen. Der Duft ihres Schwei­ßes. Das Dröh­nen der Flügelschläge –


aus: Feld­rand­zei­chen, Lite­ra­ri­sche Gesell­schaft Thü­rin­gen e.V., Wei­mar 2016.
Alle Rechte beim Autor.
Der Abdruck erfolgt mit freund­li­cher Geneh­mi­gung des Autors.
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