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Protokoll Mitgliederversammlung Handarbeitszirkel Weimar e.V. mit Untergruppe Taubach

Reinhard Böhner

 

Zu Beginn stellte die Vor­sit­zende fest, dass das Ehe­paar Eller­mann wie­der unent­schul­digt fehlte. Frau Kran­zahl wurde sta­tu­ten­ge­mäß durch Frau Ander­bach entschuldigt.
Vor Eröff­nung der Tages­ord­nung beklagte sich Frau Schramm, dass man sie im Frau­en­ru­he­raum habe lie­gen­las­sen. Des­halb hätte sie bei­nahe die Mit­glie­der­ver­samm­lung ver­schla­fen. Herr Born­schein sagte, dass man ja nicht wis­sen könne, ob sie im Frau­en­ru­he­raum läge, und dass man nicht nach­se­hen könne, sonst gäbe es ein Geschrei, und man gelte womög­lich als Sit­ten­strolch. Frau Schramm sagte, die Ver­eins­mit­glie­der könn­ten sich ruhig mehr umein­an­der küm­mern, aber von Herrn Born­schein erwarte sie das sowieso nicht.
Die Vor­sit­zende sagte, man müsse nun zur Tages­ord­nung kom­men. Sie las das Pro­to­koll der letz­ten Ver­samm­lung vor. Herr Kre­wert sagte, die Vor­sit­zende hätte sich dabei zu sehr von den Ideen der ver­stor­be­nen Mit­glie­der Proust und Frisch lei­ten las­sen. Frau Ander­bach sagte, Herr Kre­wert hätte immer was zu meckern.
Die Vor­sit­zende fragte, wer eine Hand­ar­beit fer­tig hätte. Es mel­dete sich nie­mand. Frau Von­der­berg sagte, sie hätte schon eine Ecker­mann- und eine Ilm­ap­pli­ka­tion vor­ge­stellt. Als Pen­sio­nä­rin hätte sie nicht dau­ernd Zeit zum Nähen. Die Vor­sit­zende fragte Frau Lärz, ob ihr tür­ki­scher Mär­chen­tep­pich nicht fer­tig wäre. Frau Lärz sagte, sie hätte die Masern gehabt und des­halb nicht knüp­fen kön­nen. Frau Schramm sagte, Frau Lärz knüpfe schon seit Beginn des Jah­res an dem Tep­pich. Frau Lärz sagte, das ginge Frau Schramm über­haupt nichts an und sie hätte ja bis jetzt auch nur eine Schau­kel­pferd­chen­decke gehä­kelt. Frau Schramm sagte, sie könne häkeln was sie wolle und da müsse man nicht gleich auf ihr rum­hacken. Frau Lärz sagte, sie hacke auf über­haupt nie­man­dem rum.
Die Vor­sit­zende fragte Herrn Kre­wert, ob er nicht seine gestickte Taschen­tuch­hülle zei­gen würde. Herr Kre­wert sagte, er würde das tun, wenn alle Mit­glie­der ver­su­chen wür­den, die Stich­mu­ster zu erra­ten. Die Hülle wurde dar­auf­hin her­um­ge­zeigt. Die Vor­sit­zende erläu­terte die Stich­ver­läufe auf der Vor­der­seite und fand her­aus, dass es sich um einen Ket­tel­stich han­delte. Frau Ander­bach ent­deckte eine Reihe Hexen­stich und Frau Von­der­berg eine Kreuz­stich­va­ri­ante im Innen­teil. Frau Lärz sagte, dass in der drit­ten Zeile der zwei­ten Innen­seite ein Stich fehle. Die Vor­sit­zende sagte, dass sähe man kaum. Frau Schramm sagte, eigent­lich hasse sie Taschen­tuch­hül­len, aber die von Herrn Kre­wert gefiele ihr gut. Herr Kre­wert sagte, dass alle gut auf­ge­passt hät­ten, beson­ders die Vor­sit­zende. Sie hätte sogar die Ket­tel­stich­reihe unter der Bügel­falte gefun­den. Dann erklärte er seine Stich­vor­lage. Frau Von­der­berg sagte, das Ende sei zu grob ver­sto­chen. Herr Born­schein schloss sich die­ser Mei­nung an. Herr Kre­wert sagte, sie ver­stün­den nichts von Taschen­tuch­hül­len und von halt­ba­ren Vernähungen.
Die Vor­sit­zende sagte, Herr Kre­wert hätte eine sehr feine Arbeit gelei­stet. Frau Lärz fragte, warum immer Herr Kre­wert gelobt würde, wo doch viel mehr Frauen als Män­ner im Ver­ein wären. Frau Schramm sagte, Frau Lärz solle nicht so pin­ge­lig sein. Frau Von­der­berg fand das auch. Herr Born­schein sagte, Frau Lärz sei sexi­stisch. Frau Lärz sagte, sie fände es gemein, dass jetzt alle über sie her­fal­len. Die alte Dame, die ihr Fami­li­en­bild in Bro­kat sticken wollte, hätte man auch schon ver­ekelt. Als Frau Von­der­berg sagte, man müsse eben mal die Gleich­be­rech­ti­gung von Mann und Frau im Ver­ein klä­ren, rannte Frau Lärz aus dem Zim­mer. Frau Schramm sagte, man solle sie ruhig lau­fen las­sen. Die Vor­sit­zende rannte hin­ter Frau Lärz her und holte sie wie­der rein. Als Frau Lärz wie­der auf ihrem Platz saß, sagte sie, dass sie genau gehört hätte, was Frau Schramm gesagt hat, als sie drau­ßen war. Frau Ander­bach sagte, Frau Lärz hätte jetzt aber nicht wie­der anfan­gen dür­fen. Frau Lärz sagte, sie fange an wenn´s ihr passt. Frau Schramm fing an zu wei­nen. Sie stand auf und rannte raus. Die Vor­sit­zende rannte hinterher.
Herr Born­schein sagte, er würde gern noch sei­nen gestrick­ten Fuß­ball­schal zei­gen. Er wolle das aber nicht tun, wenn die Vor­sit­zende drau­ßen wäre. Nach fünf Minu­ten kam die Vor­sit­zende mit Frau Schramm wie­der her­ein. Herr Born­schein fragte, ob er sei­nen Schal zei­gen solle. Die Vor­sit­zende sagte ja. Herr Born­schein ent­rollte einen blau-gel­ben Woll­schal. Die Vor­sit­zende sagte, er sei zu lang und man müsse den zwei­ten Teil bei der näch­sten Ver­samm­lung anse­hen. Frau Von­der­berg sagte, die Buch­sta­ben des ersten Teils wären sehr sorg­fäl­tig gestrickt. Frau Ander­bach sagte, ihr Bus ginge gleich. Die Vor­sit­zende sagte, die Mit­glie­der soll­ten bis zur näch­sten Ver­samm­lung erra­ten, für wel­chen Fuß­ball­ver­ein der Schal von Herrn Born­schein gestrickt sei, dann schloss sie die Versammlung.


Alle Rechte beim Autor.
Mit freund­li­cher Geneh­mi­gung des Autors.

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