Wolfgang Haak
Stille, aus der das Lied der Quelle entspringt. Mir steht das Wasser in den Augenhöhlen. Wellengang zwischen beiden Wangenknochen. Mein Weltbild fängt Feuer im Brennpunkt der Einbildung und wird umgehend gelöscht. So ist das, wenn man ein Wassermann ist, himmelhoch jauchzend, mir selbst ein Rätsel, zu Tode betrübt. Ein kraftloser Spring, der sich ständig selber verschluckt und erbricht. Staub auf den Stimmbändern, der jeden Tropfen gierig aus dem Leben saugt. Stille. Ich zerschlage das Bild. Aber es fügt sich wieder zusammen und offenbart einen Homunkulus, abgesoffen, mit wehenden Haaren in der Strömung, die Luft angehalten bis zum Platzen. Ich höre ihn reden, gleichgültiges Geschwätz den Abfluss hinunter: Er stirbt schon, stirbt noch nicht, stirbt schon.
Also, die Einsamkeit Schluck für Schluck durch die Gurgel jagen. Wasser in den Augen, den Ohren, den Lungen, wie einst, vor der Geburt, als ich in einer schützenden Blase schwebte. Wenn ich schließlich in meinem Abbild ertrinke, dann ruhig und gefasst und in der Gewissheit, nie auf den Grund gekommen zu sein.
aus: Bagatellen, Opus Nro III, Prosaminiaturen, Edition Ornament Bd. 5, hg. Jens-Fietje Dwars, Bucha bei Jena, 2008, quartus-Verlag.
Abdruck mit freundlicher Genehmigung des Autors. Alle Rechte beim Autor.