Filmporträts Thüringer Schriftstellerinnen und Schriftsteller
Produktion: Thüringer Literaturrat e.V. & Filmfabrik Weimar e.V. Kamera, Schnitt und Regie: Stefan Schmidt. Drehbuch: Jens Kirsten und Stefan Schmidt. / Alle Filme entstanden mit freundlicher Unterstützung der Thüringer Staatskanzlei.
2021 entstand eine Reihe filmische Kurzporträts von Thüringer Schriftstellerinnen und Schriftstellern der Gegenwart, die im Film selbst zu Wort kommen. Dabei ging es uns jedoch nicht darum, lediglich Autorenlesungen ins Bild zu setzen. Uns interessierten weit mehr die Persönlichkeiten, die hinter den Büchern stehen.
Unser Ansatz, Literatur und Film miteinander zu verbinden, hat dabei vor allem mit dem Reiz zu tun, den Film mit seinen eigenen ästhetischen Mitteln zu nutzen, um Literatur ins öffentliche Gespräch zu bringen. Denn, und das ist der andere Aspekt, Literaturvermittlung hat – sieht man einmal von in Buchhandlungen verkauften Büchern ab – einen ungleich schwereren Stand, öffentliche Aufmerksamkeit zu erlangen, etwa im Gegensatz zu Musik, Theater, Film.
In der filmischen Porträtreihe erzählen wir Geschichten über das literarische Leben in Thüringen: Wir haben die Autoren mitunter schon im Vorfeld besucht, manchmal sind wir mehrfach an einen Drehort gefahren, um ihn zu erkunden, damit wir am Tag des Drehs mit der Autorin, dem Autor, uns auf inhaltliche Aspekte konzentrieren konnten. Szenarien wurden im Vorfeld besprochen und gut vorbereitet. Nicht zuletzt mussten wir der Corona-Pandemie Tribut zollen und uns auf die Möglichkeiten bei Innenaufnahmen einstellen.
Diese Porträts künstlerisch in literarisch-filmischen Beiträgen so aufzuheben, dass sie Teil der gelebten Kultur Thüringens werden, ist unser Anspruch. Die Filme, die ursprünglich im Umfang von ca. je 5 min geplant waren, sind nun meist länger geworden. Das ist nicht zuletzt den Porträtierten selbst zu verdanken.
Im Winter 2021 besuchten wir die Jugendbuchschriftstellerin Antje Babendererde in Liebengrün im Thüringer Schiefergebirge. Jens Kirsten sprach mit ihr über die Recherchen zu ihren Büchern, für die sie zahlreiche Reisen zu amerikanischen Ureinwohnern unternahm und zuletzt in Schottland recherchierte, über den Schreibprozess zuhause, über Lesungen und die Reaktionen auf ihre Bücher, für die sie mehrere Preise und Auszeichnungen erhielt und die inzwischen in mehrere Sprachen übersetzt wurden.
Im Juli 2021 haben wir die Dichterin Daniela Danz bei einer Lesung im Lyrikkabinett München filmisch begleitet, wo sie gemeinsam mit dem Dichter Christian Rosenau las. Im Dezember 2021 besuchten wir sie in Kranichfeld, wo sie in unmittelbarer Nachbarschaft zum Oberschloss lebt, an dem eine Säule aus der Wartburg verbaut wurde und dessen im Krieg zerstörtes Torgebäude Häftlinge des Konzentrationslagers Buchenwald wieder aufbauen mussten. An diesem geschichtsaufgeladenen Ort sprach Jens Kirsten mit ihr über ihre Arbeit.
Im Winter 2021 haben wir den Schriftsteller, Essayisten, Herausgeber, Buchgestalter, Ausstellungs- und Filmemacher Jens-Fietje Dwars in seiner Wohnung in Jena besucht. Jens Kirsten sprach mit ihm über seine Arbeit, wie er sich historischen Figuren wie Johannes R. Becher oder Peter Weiß literarisch und filmisch näherte, was für ihn einen guten Dokumentarfilm ausmacht, über das Büchermachen, die von ihm herausgegebene »Edition Ornament« im quartus-Verlag und seine Arbeit als Chefredakteur der Zeitschrift »Palmbaum«, das literarische Journal aus Thüringen.
Im Herbst 2021 haben wir die Schriftstellerin Kathrin Groß-Striffler, die für ihre Arbeit von der Stadt Jena 2021 mit dem Walter-Dexel-Stipendium ausgezeichnet wurde, bei einer Lesung in der Jena Villa Rosenthal und an ihrem Wohnort in Jenaprießnitz besucht. Jens Kirsten sprach mit ihr über ihr Schreiben und ihr Engagement für Geflüchtete, die in Jena leben. Bei der Lesung in der Villa Rosenthal am 12. November 2021 wurde sie von Ahmed Hajjar auf der Naj-Flöte musikalisch begleitet.
Im Winter 2021 haben wir den Historiker und Publizisten Prof. Dr. Detlef Jena in Rockau besucht. Detlef Jena ist nicht nur ein profunder Kenner der osteuropäischen Geschichte, sondern auch der deutschen. Seine Bücher über die russischen Zaren und Zarinnen, über die Weimarer Fürstinnen Anna Amalia, Louise, Maria Pawlowna, Sophie und Carl Friedrich – Großherzog von Sachsen-Weimar-Eisenach und zahlreiche andere fanden große Beachtung. Wolfgang Haak, Jens Kirsten und Stefan Schmidt sprachen mit ihm über sein Verständnis von Geschichte und darüber, wie man Geschichte vermitteln sollte.
In Wulf Kirstens Gedichtband »die erde bei Meißen« von 1987 ist das Eberhard Haufe gewidmete Gedicht »ödland« enthalten. Der damit gemeinte »Hohen Berg« liegt in der Nähe von Niederzimmern, an dem nach dem Zweiten Weltkrieg kleine Gärten bestanden, wo heute noch Reste dieser Besiedlung allenthalben zu finden sind wie auch die Reste einer einstigen Apfelplantage. Dem Selbstlauf überlassen wurde das Gelände über die Jahre zu einem Paradies für Rebhühner, Fasane, Hasen, Füchse, Vögel und mancherlei anderes Getier und einen wilden Bewuchs, der allen Unterschlupf gewährt. Im Mai 2021 sprach der Schriftsteller Wolfgang Haak mit dem Dichter Wulf Kirsten in diesem Gelände, an das Wulf Kirsten immer wieder zurückkehrt, über die Faszination, die für ihn von diesem Ort ausgeht und über die Poesie seiner Landschaft.
Im Sommer und Herbst 2021 haben wir den Dichter Christian Rosenau, der heute in Coburg lebt, bei seiner Arbeit begleitet. Wir sprachen mit ihm in Ulla, dem Dorf seiner Kindheit, über den Ort seiner Herkunft und über seine Beziehung zu der geschichtsüberfrachteten Landschaft zwischen dem Ettersberg mit dem ehemaligen KZ Buchenwald und dem ehemaligen sowjetischen Militärstützunkt Nohra, auf dem Kampfhubschrauber der Roten Armee stationiert waren. Wir begleiteten ihn bei einer Lesung im Lyrikkabinett München im Juli 2021 und bei Lesungen im Rahmen des Seethaler Poesiesommers in Sörenberg und St. Urban im Kanton Luzern in der Schweiz. Mit ihm sprachen Jens Kirsten und Wolfgang Haak.
Parallel zum Film »einfach so über die erde gehen«. Wolfgang Haak im Gespräch mit dem Dichter Wulf Kirsten über die Poesie seiner Landschaft, entstanden Aufnahmen mit dem Dichter Wulf Kirsten, bei denen er die Gedichte »Physiognomie der Landschaft« und »Ödland« las, die Bezug auf die Kirstensche Landschaft zwischen »Hohem Berg« und dem Ettersberg bei Weimar nehmen.
Regie, Kamera und Schnitt: Stefan Schmidt. Drehbuch: Jens Kirsten und Stefan Schmidt.
Eine Produktion des Thüringer Literaturrates e.V. und der Filmfabrik Weimar e.V. 2022.
Dieser Film entstand mit freundlicher Unterstützung der Thüringer Staatskanzlei.